jetzt und hier und all-in

text von julia heier

wenn man die tägerwiler dorfstrasse entlang- schlendert, vermutet man hinter dem beigen haus mit einfachverglasung nicht unbedingt das kleinod, das einen zwischen thurgauer kantonalbank und evangelischer kirche emp- fängt: eingebettet zwischen restaurierten fachwerkhäusern und nur wenige meter abseits der stark befahrenen hauptstrasse plätschert der dorfbach unter einer kleinen holzbrücke hindurch und zeigt auf den „verbotenen eingang“ zu salômé delaïas „gsundheits-werkstatt“.

„hier war zunächst fast alles schwarz, es war überall dreckig. aber ich habe das potenzial gesehen und mich an die arbeit gemacht“, sagt salômé stolz und zeigt auf eine winzige stelle an den unzähligen fensterrahmen, die sie trotz lauge und schleifpapier noch nicht ganz sauber bekommen hat. „zwei monate habe ich zusammen mit meinem freund, meiner familie und freunden hier drinnen bislang das erste obergeschoss renoviert, und das, obwohl ich vorher noch keine ahnung von handwerk hatte.“ „eigentlich soll das haus an der hauptstrasse in fünf bis zehn jahren abgerissen werden und neubauwohnungen sollen entstehen“, erzählt salômé, deren mietvertrag vorerst nur drei jahre läuft und danach jeweils nur um ein jahr verlängert werden kann. nachdem der ehemalige besitzer seinen herzensberuf krankheitsbedingt aufgeben musste, stand die schreinerei leer und das austragshaus wurde an die kinder weitervererbt.

„im barre arbeitet man mit kleinen, pulsierenden und sehr kontrollierten bewegungen und dazu gibt es fetzige musik – das kennenzulernen, war absolut mindblowing für mich. ich habe meinen körper gespürt wie nie zuvor. das war der moment, in dem ich wusste – irgendwann eröffne ich mein eigenes studio.“

„mentale gesundheit erreiche ich auch durch kreative aktivität. gestalten und gesundheit hängen für mich unmittelbar miteinander zusammen.“

dass sich salômé von der zeitlichen begrenztheit ihres locus amoenus am dorfbach nicht einschüchtern lässt, zeigt auch die renovation eines dritten, noch größeren raums, ebenfalls im ersten stock. hier ragen rohre aus gusseisernen holzöfen in die kautschuk-yoga-matten-atmosphäre und man vergisst für einen kurzen moment, dass man sich in der ehemaligen tägerwiler dorfschreinerei befindet und nicht in einem hipp renovierten fabrikraum in den usa. auf die frage, ob sich die ganze renoviererei für den vermutlich kurzen zeitraum lohne, antwortet salômé freudestrahlend: „ich bin immer für: jetzt und all-in. wer weiß denn schon, was in ein paar jahren ist? wir leben im hier und jetzt – machen wir das beste daraus!“

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fufu

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rose wild